Zensur / Selbstzensur
Offiziell kam das Wort Zensur in der DDR nicht vor. In der Verfassung von 1949 hieß es: „Eine Pressezensur findet nicht statt.“ In der Verfassung von 1968 waren Meinungsfreiheit und Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens garantiert. Das Wort Zensur wurde tabuisiert. Zugleich wurde ein flächendeckender, differenziert arbeitender Zensur-Apparat aufgebaut, der Medien, Theater, Filmproduktion, Literatur, bildende Kunst und Musik streng überwachte.
Die Produktion jedes Films und die Veröffentlichung jedes Buches wurden zu einem Abenteuer mit ungewissem Ausgang. In besonders brisanten Fällen entschied die Parteiführung selbst. Schriftsteller und Filmemacher kämpften mit List und Geschick für die Veröffentlichung ihrer Bücher und die Präsentation ihrer Filme in den Kinos. Ein Lehrstück ist die Art und Weise, wie Christoph Hein es verstanden hat, seine Rede zur Abschaffung der Zensur auf dem X. Kongress des Schriftstellerverbandes 1987 an der Vorzensur vorbeizuschmuggeln. Er referierte darüber, dass die „Zeit der Zensur überholt sei, und legte dar, warum sie nicht nur nutzlos und willkürlich, sondern geradezu menschenverachtend, volksfeindlich, ungesetzlich und daher strafbar sei.“
Christoph Heins Rede erschien wenig später in der ZEIT, in der DDR dagegen nur in einer minimalen Auflage in den Protokollen des Schriftstellerkongresses, die für eine breite Leserschaft nicht zugänglich war.
„Gelernte“ DDR-Bürger wussten, was man sagen durfte und was man nach Möglichkeit nicht sagen sollte. Viele übten Selbstzensur und hatten die Schere bereits im Kopf. Manche loteten die Grenzen aus und probierten, wie weit man gehen konnte. Andere wagten es, Tabus zur Sprache zu bringen und gerieten in Gefahr. Ganz Listige tarnten ihre Kritik als Verbesserungsvorschlag. Wissenschaftler, Künstler, vor allem Kabarettisten, doch auch Menschen aller Berufe mit unterschiedlichen Einstellungen versuchten, die Grenzen des politisch Sagbaren hinauszuschieben.